Nachhaltige Technologien (Photovoltaik)

Nachhaltige Technologien: Der Teufel steckt im Detail

Energie & Ressourcen

E-Autos sind umweltfreundlich – wäre da nicht die Batterie. Strom aus Wind und Sonne ist sauber – wäre da nicht die Entsorgung von Windrädern und Photovoltaikmodulen. Nachhaltige Technologien scheinen ihren Haken zu haben. Aber wie schwerwiegend sind diese Haken und wer kann das beurteilen?

Von der Energie aus der Sonne über die Windkraft bis hin zum Elektroauto sehen wir eine Vielzahl an nachhaltigen Strategien für die Zukunft. Doch wie meist steckt der Teufel im Detail. Es kommt darauf an, wie genau wir hinschauen und wie gesamtheitlich wir die Sichtweise wählen. Auf den zweiten Blick sind manche Aspekte nämlich weniger nachhaltig als ursprünglich gedacht. Um das zu ändern oder auch nur sinnvoll beurteilen zu können, braucht es aber Vorgaben und Regelungen. Auf EU-Ebene wird derzeit zum Beispiel an jenen für eine Treibhausgas-Lebenszyklus-Betrachtung der unterschiedlichen Fahrzeugantriebe gearbeitet.

Sondermüll durch Windkraft

Riesige Rotorblätter drehen sich – bewegt rein durch die Kraft des Windes – bereits vielerorts. „Sauberer“ Strom wird hier erzeugt und dem wäre auch nichts entgegenzusetzen, wären da nicht die riesigen Mengen an Sondermüll, die sie erzeugen. Wie das? 80 bis 90 Prozent der Windradteile sind zwar bereits wiederverwertbar, doch die Verbundstoffe in den Rotorblättern stellen durchaus ein Problem dar. Für sie gibt es derzeit keine optimale Wiederverwertungsmöglichkeit, sagt selbst die IG Windkraft.

Akut wird das Problem in Deutschland, wo in den nächsten Jahren über 30.000 Windräder, die ab den 1980er-Jahren errichtet wurden, abgebaut werden sollen. Hier werden große Mengen an kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) und glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) anfallen. GFK-haltige Verbundwerkstoffe können lediglich geshreddert und in Zementwerken verbrannt werden, CFK ist hingegen sogar echter „Sondermüll“, der in herkömmlichen Anlagen nicht einmal verbrannt werden kann. Und das hat man meist nicht im Kopf, wenn man Windräder „sauberen“ Strom produzieren sieht …

Nachhaltige Technologien mit Dunkelziffer statt sonniger Aussichten

Aus Photovoltaik-Anlagen fließt ebenfalls „grüner“ Strom in unsere Netze. Über 5 Millionen Module wurden dafür in Österreich verbaut, schätzt Tudor Dobra von der Montanuniversität Leoben. Konkrete Angaben gibt es nämlich nicht zu den Modulen, sondern nur zur installierten Leistung und die lag Ende 2019 in Österreich bei 1,7 Gigawatt-Peak (GWp). Klar ist aber, dass Photovoltaik-Module nicht für die Ewigkeit gebaut werden. Die Elektroaltgerätekoordinierungsstelle spricht von 10 bis 20 Tonnen an „Photovoltaik-Abfall“ pro Jahr.

Nachhaltige Technologien (Photovoltaik)

Photovoltaik-Module sind nicht für die Ewigkeit gebaut. In Sachen Recycling gibt es aber noch viel Potenzial (Credit: Lunghammer)

Dobra rechnet mit einer wesentlich höheren Dunkelziffer aus Sonnenstrom, da die Module nicht exakt erfasst werden können. „Das wird sich erst 2022 ändern, wenn die neuen Schlüsselnummern für Photovoltaik-Module durch die aktuelle Verordnung gelten“, sagt der Wissenschaftler. Er geht von einem Anstieg der Mengen in den kommenden Jahren aus. „Und darauf müsste man sich jetzt gezielt vorbereiten, denn bisher gibt es keine spezialisierten Anlagen zur Verwertung von Photovoltaik-Modulen.“ Für den Hauptbestandteil, Glas, findet zwar eine Verwertung statt und damit ist den rechtlichen Vorgaben genüge getan, doch das recycelte Glas ist nur von minderer Qualität.

„Bestandteile in kleineren Mengen wie Silizium und Silber aus den Zellen gehen verloren. Hier gibt es Verbesserungsbedarf“, stellt der Experte vom Institut für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft klar. Er arbeitet aktuell im Rahmen des Projektes „PV Re² Sustainable Photovoltaics“ mit Partnern an der Entwicklung eines Recyclingverfahrens, bei dem die Sandwich-Struktur (Verbund) der Photovoltaik-Module schichtweise aufgetrennt wird, „um sowohl die Quantität als auch die Qualität der rückgewonnenen Materialien zu erhöhen“. Ein zerstörungsfreier Abbau und Transport sei daneben ebenso wichtig, damit die Nachhaltigkeit auch über die Stromerzeugung hinaus gewährleistet werden kann.

E-Auto schlechter als ein Diesel?

Ähnlich sieht es aus, wenn man über den Auspuff hinausdenkt und zum Beispiel Elektroautos unter die Lupe nimmt. Im Fahrbetrieb sind diese natürlich abgasfrei unterwegs. Für eine CO2-Gesamtbilanz muss man allerdings auch auf die Stromerzeugung einerseits und die Batterieerzeugung sowie -entsorgung andererseits schauen: Mit dem EU-Strommix, der sich zu großen Teilen aus Kernenergie, Gas und Kohle zusammensetzt, fällt die CO2-Gesamtbilanz für Elektrofahrzeuge sogar schlechter als die eines modernen Diesel-PKW aus. Mittelfristig möchte die EU daher eine Treibhausgas-Lebenszyklus-Betrachtung für jeden einzelnen Antrieb bzw. Kraftstoff erreichen. Herstellung, Materialien, Treibstoffe und Verwertung sollen dafür miteinbezogen werden.

Nur mit einer solchen – natürlich extrem komplexen – Rechenmethode könnte man endlich nicht mehr Äpfel mit Birnen vergleichen. Und bis wann soll das möglich sein? Der Plan ist es, das Regelwerk vor Ende 2026 vorlegen zu können.

Brandgefährliches Lebensende

Unabhängig davon steigt die Zahl der zu entsorgenden Akkus aus der Elektromobilität. Neben Second-Life-Ansätzen wie dem Einsatz als stationäres Speichermedium stehen daher innovative Recyclingmethoden für die Zukunft im Zentrum, um die enthaltenen wichtigen Rohstoffe im Kreislauf zu erhalten. In das Recycling der Lithium-Ionen-Batterien hat Saubermacher am Standort Premstätten in den letzten Jahren investiert – unter anderem in Zerlegeboxen und Entladestationen. Im Sinne der echten Kreislaufwirtschaft wird der Entladestrom aus den Batterien dabei ins Netz eingespeist und so für den Strombedarf des Standortes verwendet. Aktuell sind es rund 2.000 kWh pro Jahr, was dem jährlichen Strombedarf eines 2-Personen-Haushalts entspricht.

Wo elektrische Ladung ist, ist leider aber auch oft Feuer: Entsorgungsexperte Georg Zuser von der Zuser-Gruppe will deshalb beim Thema Lithium-Ionen-Akkus Bewusstseinsbildung bei den Verbrauchern betreiben – und spricht sich für gesetzliche Regelungen aus: „Viele wissen nicht, dass jede Batterie durch Beschädigung zum gefährlichen Brandauslöser werden kann. Durch die falsche Entsorgung im Hausmüll kommt es bei Entsorgungsbetrieben vermehrt zu Bränden. Ich möchte daher den Aspekt eines Pfandsystems aufwerfen, denn durch ein Pfand wird dem Akku ein Wert zugeschrieben und so die wichtige korrekte Entsorgung erzielt.“

Nachhaltigkeit scheint also in vielen Belangen noch Bedarf an genauen Vorgaben und Regelungen zu haben.

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