Forschung & Innovation
Vom Hyperspektrallabor auf den Schrottplatz: Grazer Forschende arbeiten an der KI-basierten Analyse von Störstoffen und Qualitätsmerkmalen von Schrott. So könnten die Recyclingprozesse deutlich verbessert werden. Kunststoffabfälle nimmt man mit der Technologie ebenso unter die Lupe.
Rund 920.000 Tonnen Kunststoffabfälle fallen jährlich in Österreich an. Derzeit liegt ihre Recyclingquote bei 26 %. Die EU sieht als Zielvorgabe bis zum Jahr 2030 allerdings eine Recyclingquote von 55 % vor. Um sie zu erreichen und die Abgaben für nicht rezyklierte Verpackungsabfälle möglichst gering zu halten, braucht es in allen Prozessschritten deutliche Verbesserungen.
Um diese zu erzielen, forscht das Institut für Digitale Technologien von JOANNEUM RESEARCH in Graz, an der Erkennung von Wertstoffen in Reststoffströmen: „Im Hyperspektrallabor, das wir in den letzten Jahren aufgebaut haben, arbeiten wir mit Kameras, die 200 Bildkanäle und mehr haben. Hier schaffen wir die Grundlagen von der Kalibrierung der Kameras bis zur KI-unterstützten automatisierten Analyse der Daten. Prinzipiell geht es immer um neue Methoden, mit denen man komplexe Wertstoffströme jeglicher Art in Hinblick auf ihre Zusammensetzung charakterisieren kann“, erklärt Experte Harald Ganster. Diese Forschung ist Teil des Projektes circPLAST-mr mit 25 Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft, um das mechanische Recycling von Kunststoffen zu verbessern.
Saubere Stoffströme
Mit den intelligenten Sensortechnologien und der Datenanalytik können schließlich die Stoffströme optimiert werden. Oft besteht der Verschluss aus einem anderen Material, Mehrschichtprodukte müssen erkannt und aussortiert werden – denn wird alles gemeinsam im Shredder verarbeitet, erhält man am Ende keinen sauberen Stoff, der sich für die weitere Verarbeitung eignet. Und damit wäre man wieder bei den Recyclingquoten, die es dringend zu erhöhen gilt …
„Das Ziel sind saubere Stoffströme. Und in diesem Zusammenhang warten noch einige Herausforderungen auf uns, für die es aktuell noch keine Lösungen gibt. Beispielsweise die schwarzen Kunststoffe. Hier hoffen wir, dass wir über verschiedene Kamerasysteme eine Lösung finden werden. Das Problem ist, dass schwarzen Kunststoffen meist Ruß als Farbstoff zugesetzt wird. Die Charakterisierung ist schwierig, weil hier kein Licht zurückkommt. Für die Wiederverwertung ist Ruß als beigesetzte Chemikalie aber ein Problem“, so Ganster.
Stahl-Schrott im Kreislauf
Ebenfalls auf den Zusatzstoffen aber auch auf der Qualität an sich liegt das Haupttaugenmerk der Forschung im Recyclingprozess von Stahlschrott. Im Projekt InSpecScrap werden neue Maßstäbe beim Stahl-Recycling gesetzt. Die innovative Materialcharakterisierung erfolgt mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und spektroskopischen Methoden. Störstoffe und Qualitätsmerkmale werden automatisiert erkannt. Projektleiter Harald Ganster: „In der Stahlproduktion wird Stahlschrott als wichtiger Sekundärrohstoff gebraucht. Je nachdem, ob dieser Edelstahl oder rostigen Schrott enthält, Beton- oder Kunststoffteile dabei sind, müssen die Prozesse angepasst und optimiert werden, um die erforderliche Stahlgüte zu erhalten.“
Neben der Ressourcenschonung – wenn Schrott als Sekundärrohstoff zum Einsatz kommt – verringert dies auch die CO2-Emissionen. „Recycling-Stahl“ ist bis zu 75 % weniger CO2-intensiv als Stahl aus primären Rohstoffen.
„Unser Ziel ist es, möglichst allgemein gültige Lösungen zu finden, die dann auf vieles anwendbar sind. Egal ob es sich um Groß- oder Shredderprodukte handelt, aber auch unabhängig von den Materialien. Ob etwa Holz kontaminiert ist, ist für den Recyclingprozess ja genauso ein Thema“, so Ganster.