Wirtschaft & Standort
Biokraftstoffe, eFuels und Elektromobilität: Für die klimaneutrale Mobilität müssen wir uns von den klassischen Verbrennern mit fossilen Treibstoffen verabschieden. Gerade für Transport und Entsorgung gilt es aktuell Entscheidungen zu treffen. Doch was wird sich durchsetzen?
Der CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs muss deutlich sinken, damit wir die Klimaziele der EU erreichen. Biokraftstoffe wie HVO, eFuels, Elektromobilität und der Transport auf der Schiene werden auch in der heimischen Entsorgungsbranche eine Rolle spielen bzw. tun es bereits. Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Mobilität möglichst klimaneutral zu machen. Die Frage, auf welche der Technologien man setzen soll, lässt sich aktuell aber nicht einfach so beantworten, weiß Stefan Hausberger, Universitätsprofessor am Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz. Doch werfen wir einen Blick auf die unterschiedlichen Ansätze und ihre Vor- und Nachteile.
Variante 1: Biokraftstoffe aus Mais und Co.
Biokraftstoffe werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Weizen, Raps oder Palmöl gewonnen. Auch HVO, was für „Hydrotreated Vegetable Oil“ steht, gehört als Dieselersatz dazu. „Diese biogenen Kraftstoffe sind dann besonders umweltfreundlich, wenn Altöle, Speisereste und Ähnliches verwendet werden. Dann wäre ihre Bilanz außerordentlich gut, allerdings sind diese Mengen sehr begrenzt. Europaweit könnte man nur einen minimalen Teil des Bedarfs decken. Verwendet man Öle aus anderen Quellen, hat man automatisch den Konflikt ‚Tank versus Teller‘, da Mais und Co. ja auch Lebensmittel sind. Außerdem kann es sein, dass für den Anbau Wälder gerodet werden usw.“, zählt Hausberger zur Zweischneidigkeit des Themas Biokraftstoffe auf.
Technisch gesehen kommt bei der Produktion der Biokraftstoffe Wasserstoff zum Einsatz, der den Sauerstoff aus den Fettsäuren entfernt. Diese Fettsäuren werden dann als vollständig erneuerbarer Rohstoff für den Kraftstoff verwendet. Bei der Verbrennung des Treibstoffs entsteht zwar – wie bei fossilen Treibstoffen – CO2, dieses wird allerdings als klimaneutral bewertet, da es die gleiche Menge ist, die die Pflanze während ihres Wachstums aus der Atmosphäre gebunden hat.
Variante 2: Synthetisch hergestellte eFuels
Der Diskussion „Tank versus Teller“ müssen sich die sogenannten eFuels hingegen nicht stellen. Diese Kraftstoffe werden schließlich synthetisch hergestellt, dennoch sind sie für ihre Kritiker:innen ineffizient und teuer. „Für jede Energiemenge Kraftstoff braucht es schließlich vier Energiemengen für die Erzeugung. Würde man eFuels mit Strom aus Kohle oder Gas herstellen, wäre ihre Bilanz verheerend. Steht aber Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne oder Wind zur Verfügung, sieht es anders aus“, erklärt Hausberger. Ein Vorteil von eFuels ist, dass sie in Regionen mit hoher Sonnen- und Windintensität erzeugt und einfach nach Europa transportiert werden können.
Bei der Produktion wird mit grünem Strom hergestellter Wasserstoff mit CO2 aus der Luft zu einem Kohlenwasserstoff synthetisiert, der Grundbaustein der eFuels ist. Wenn die (großen) für die Produktion benötigten Mengen Strom aus erneuerbaren Quellen stammen, sind die eFuels also als CO2-neutral einzustufen, da bei ihrer Verbrennung dieselbe Menge CO2 ausgestoßen wird, die zuvor bei der Herstellung im Kraftstoff gebunden wurde.
Was andere Schadstoff-Emissionen (Kohlenmonoxid, NOx, Feinstaub, Kohlenwasserstoff etc.) betrifft, haben Tests gezeigt, dass diese bei Biokraftstoffen wie HVO und bei eFuels ähnlich sind wie bei fossilen Treibstoffen. „Allerdings sind diese insgesamt schon auf einem sehr niedrigen Niveau“, so Hausberger.
Variante 3: Elektromobilität
„Bei der E-Mobility verliert man im Vergleich zu den eFuels viel weniger Energie. Betrachtet man diese Bilanz ist die Elektromobilität konkurrenzlos“, weiß Hausberger. Allerdings müsse auch für sie genug Öko-Strom zur Verfügung stehen, damit die Gesamt-Bilanz stimme – und Produktion sowie Recycling der Batterien müssten ebenfalls miteingerechnet werden. „Zusätzlich haben wir aktuell auf jeden Fall noch ein Reichweiten- und auch ein Gewichtsproblem durch die Batterien.“ Das mache diese Form des Antriebs daher nicht zum Allheilmittel für unser Problem. Während man in E-Fahrzeuge extra investieren muss, können Biokraftstoffe und eFuels übrigens einfach in Bestandsfahrzeugen genutzt werden.
Der Vergleich hinkt …
Die zentrale Frage ist, wie wir einen fairen Vergleich der Mobilitätsvarianten schaffen können. Aktuell hinkt der Vergleich, weil meist, wie bei der Typ-Prüfung, die neu auf den Markt kommende Fahrzeugmodelle durchlaufen müssen, nur die sogenannten Auspuff-Emissionen betrachtet werden. „Es werden also nur der Schadstoff- und CO2-Ausstoß des Fahrzeuges gemessen. Auch bei einem Biokraftstoff wird CO2 ausgestoßen – allerdings eben nur so viel, wie die Pflanze zuvor gebunden hat. Bei einem Wasserstoff-Fahrzeug hat man ‚zero emission‘ in der Messung, allerdings wird nicht berücksichtigt, wie der Wasserstoff erzeugt wurde und welche CO2-Emissionen dabei entstanden sind“, erklärt Stefan Hausberger. Aktuell werde also nicht der gesamte Zyklus verglichen und damit sei die Sicht auf das Thema eine schiefe.
EU-Ziele: Bis 2030 zu erreichen
In Zusammenhang mit der „Renewable Energy Directive“ hat die EU das Ziel gesteckt, dass 45 % des Energiebedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Energien stammen müssen: Im Sektor Verkehr haben die Mitgliedsstaaten die Wahl, die Treibhausgasintensität von Kraftstoffen um 14,5 % zu senken oder einen Anteil von mindestens 29 % erneuerbarer Energiequellen zu erreichen. Zusätzlich müssen neu zugelassene PKW nach aktuellem EU-Vorschlag bis 2030 um 55 % geringere CO2-Emissionen aufweisen, bis 2035 sollen es minus 100 % sein.
Für den Experten von der Technischen Universität müsste das Thema auf jeden Fall „technologieneutral gedacht“ werden und es brauche bei uns konkrete politische Vorgaben, wie mit Bio-Kraftstoffen und eFuels umgegangen werden soll. Hausberger: „Man müsste auf politischer Ebene aber klare Ziele bis 2050 definieren, damit die Hersteller dies berücksichtigen können. Auch Anlagen brauchen Jahre, um gebaut zu werden. Die beste Technologie wird sich durchsetzen – allerdings wird das nicht überall die gleiche sein.“
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