Wohin mit dem CO2?

Forschung & Innovation

… am besten essen wir es einfach auf. Das ist jedenfalls der Ansatz des Grazer Start-ups econutri. Angekoppelt an Fabriken sollen Bakterien das anfallende CO2 in Proteine verwandeln. Im großen Stil ist das noch Zukunftsmusik, ebenso wie das Zurückholen von CO2 aus der Atmosphäre.

Weniger Treibhausgase auszustoßen, ist ein wesentliches Ziel im Kampf gegen den Klimawandel. Bereits ausgestoßenes Kohlendioxid aus der Atmosphäre zurückzuholen, könnte ein ebenso wichtiger zusätzlicher Schritt sein. Doch wie geht das? Können wir den Klimawandel rückgängig machen? Das was jede Pflanze kann, nämlich CO2 aus der Luft holen, ist technologisch zwar teilweise möglich, aber vor allem extrem teuer.

Unterirdisch gespeichertes CO2

Umsetzbar ist es bereits: Das Schweizer Unternehmen Climeworks hat in Island eine Anlage gebaut, die Luft ansaugt, das Kohlendioxid herausfiltert und unter der Erde zum Beispiel in Sandstein speichert. „Direct Air Capture“ heißt die Technologie zur Luft-Filterung, die jedoch keine riesigen Mengen schafft und – wie gesagt – alles andere als günstig ist. Zusätzlich muss das CO2 dann bei Climeworks auch noch unterirdisch gespeichert werden. Andere Forschende sehen es allerdings so, dass das CO2 künftig auch als Rohstoff dienen könnte – für die Herstellung von biologischen Kunststoffen oder Proteinen zum Beispiel …

Menschen mit Proteinen versorgen

Das Grazer Start-up econutri beschäftigt sich nicht damit, CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Dafür aber mit einer Möglichkeit, das Kohlendioxid, also quasi die Abgase von Fabriken, langfristig gesehen sinnvoll zu nützen – nämlich für die Versorgung der Menschheit mit Proteinen. Helmut Schwab, ehemaliger Universitätsprofessor für molekulare Biotechnologie und Mitbegründer des acib (Austrian Center of Industrial Biotechnology), lässt dabei so genannte chemolithotrophe Bakterien die Arbeit machen. „Diese Knallgasbakterien verwandeln CO2 in hochwertige Proteine.
Die Energie dafür nehmen sie aus der Verbrennung von Wasserstoff“, erklärt Schwab. Im Labormaßstab war dieser Prozess auch leicht zu definieren, die Bakterien sind seit Jahren gut beforscht. Aktuell hat man einen Reaktor für diesen geschlossenen Kreislauf gebaut, der am Institut für Wärmetechnik der TU Graz steht. Hier soll der Prozess für den Ausbau der Technologie im großen Stil optimiert werden.

Das Grazer Start-up econutri von Verena und Helmut Schwab beschäftigt sich damit, aus CO2 mit Hilfe von Bakterien Proteine zu gewinnen.

Sehr energieintensiv

In einem sogenannten Downstreamingprozess wird dann Futterprotein geerntet, das vorbehandelt werden muss und schließlich als Tierfuttermittel zur Verfügung steht. „Ökonomisch sinnvoll wird das nur, wenn dafür grüne Energie günstig zur Verfügung steht. Jeder Prozess, bei dem man CO2 wieder in eine organische Substanz verwandeln will, braucht schließlich mehr Energie als bei der Entstehung des Kohlendioxids eingesetzt wurde. Das ist ein thermodynamischer Grundsatz“, so Schwab.

Was wäre neben der Verfügbarkeit von grüner Energie für den energieintensiven Prozess noch förderlich für den Einsatz dieser Technologie? Schwab denkt, dass die Politik Voraussetzungen schaffen wird (müssen), damit die „Abnahme“ von CO2 als Leistung bezahlt wird. „Ich sehe es als Technologie der Zukunft, da jetzt schon teilweise Engpässe für die Versorgung mit Proteinen bestehen. Auf diese Art haben wir eine Möglichkeit in einem industriellen Prozess, die Versorgung der Menschheit mit Proteinen zu sichern. Und das ohne Ressourcen wie fischreiche Meere oder große Landflächen zu verbrauchen. Das ist die Vision“, stellt der Techniker dar.

Netzwerk im Aufbau

Im Endeffekt will Helmut Schwab mit seinen Mitgründern Verena Schwab und Stefan Zopf ein Netzwerk aufbauen: einerseits mit der Industrie, denn der Prozess soll in eine Umgebung integriert werden, in der große Mengen CO2 zur Verfügung stehen. Müllverbrennungsanlagen, Zementfabriken oder Biogasanlagen wären Beispiele dafür. Aber auch Energielieferanten und Tierfuttermittelhersteller sollen Teil dieses Netzes sein. Damit am Ende das von uns verursachte Kohlendioxid eben schlichtweg aufgegessen wird.

 

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