Leben & Gesellschaft
Zur Halbzeit bereits über dem Soll. Laut „Vier Pfoten“ hat die österreichische Bevölkerung mit 1. Juni bereits so viel Fleisch verzehrt, wie sie im gesamten Jahr maximal essen sollte. Eine mögliche Alternative: Pilze – und die sind schwer im Trend.
Kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier und auch keine Milchprodukte: Nach einer Studie von Statista lebten im Jahr 2021 rund 106.000 Menschen in Österreich vegan. Die Beweggründe für eine vegane Ernährung sind vielfältig und meist sehr subjektiv, manche verzichten aus gesundheitlichen Gründen auf Fleisch und tierische Produkte, andere aus ethischer Haltung gegenüber Tieren und auch der Umweltschutz ist ein Grund für den Verzicht. Schließlich hat unsere Ernährung einen immensen Einfluss auf die Nutzung von Ressourcen. Bringen wir es im Schnitt mit Schnitzel, Schweinsbraten und Co auf rund 1.467 kg CO2-eq-Emissionen pro Person und Jahr, sparen Veganerinnen und Veganer laut einer Studie der BOKU Wien 70,1 Prozent der Treibhausgase und kommen so nur auf 439 kg CO2-eq pro Person und Jahr.
Mit Biss und Protein
Mit der steigenden Zahl vegan lebender Menschen sind auch die Fleischersatzprodukte in den Supermärkten auf dem Vormarsch. So landen heute oft Steak, Schnitzel, Wurst und Käse ohne Umweg über das Tier aber dafür mit einem täuschend ähnlichen Geschmack auf den Tellern. Neben Klassikern wie Tofu oder Produkten auf Sojabasis bieten Pilze aufgrund ihrer bissfesten Konsistenz eine wunderbare Grundlage für eine Veggie-Wurst. Dabei bringen die Kappenträger neben dem Biss weitere Vorteile für Veganer, denn Pilze sind eine gute Proteinquelle, fettarm und zusätzlich eiweißreich.
Wo fällt denn am meisten Treibhausgas an?
Bei den meisten Menschen in den vier Hauptbereichen: Wohnen, Alltags- und Urlaubsmobilität sowie Ernährung. Wenn ich erkannt habe, wodurch meine Emissionen in diesen Bereichen zustande kommen, kann ich meinen Lebensstil hinterfragen: Wo kann ich die klimafreundliche Alternative ausprobieren, Schritt für Schritt. Es geht nicht darum, alles auf einmal zu verändern, sondern mit einem Bereich zu beginnen, wo es mir leichtfallen wird, etwas zu ändern. Vielleicht möchte ich mal mehr vegetarisches Essen ausprobieren oder mit dem Rad zur Arbeit oder zum Einkaufen fahren. Wenn ich dann konsequent auf das Auto verzichte, kann ich dafür im Gegenzug in den Urlaub fliegen.
Innovation aus dem Südosten Österreichs
Der Pilztrend hat inzwischen auch in der Steiermark und im Burgenland findige Unternehmer auf den Plan gerufen. In Graz widmet sich seit 2020 das vierköpfige Team von ATTA der Pilzzucht. Das Start-up entwickelt professionelle Pilzzuchtanlagen, die es künftig niederschwellig ermöglichen sollen, in die Pilzzucht einzusteigen. In von ATTA entwickelten Fruchtungs-Modulen wird ein für das Pilzwachstum nötiges feuchtkaltes Klima erzeugt, individuell abgestimmt auf die jeweilige Pilzsorte. Die Pilze wachsen auf Holzsubstrat – ab 2023 sogar in Bio-Qualität, wie das Unternehmen angibt. Angeboten werden fast alle gängigen Pilzsorten, darunter auch Kräuterseitling, Igel-Stachelbart, Reishi und Shiitake. Die Fruchtkörper der Pilze wachsen aus den Substratsäcken heraus, immer wieder, bis die Nährstoffe im Substrat nach 2 bis 3 Monaten aufgebraucht sind. Erste Erfolge gibt es bereits, im südsteirischen Eibiswald wird in einer Prototypenanlage jährlich eine Tonne Edelpilze geerntet. Auf schmackhafte Edelpilze setzt auch Karl Schiechl aus Unterloidsdorf. Spezialisiert hat sich der „Pilzmacher“, wie sein Unternehmen heißt, auf den Igel-Stachelbart, der in der Haute Cuisine auch als Pom-Pom blanc bekannt ist. Optisch erinnert der cremefarbene Pilz an einen Blumenkohl, in Konsistenz und Geschmack an zartes Kalb- oder Hühnerfleisch.
Pilz Fakten
Sind Pilze im Vergleich zu Rind, Schwein und Huhn umweltfreundlich? Grundsätzlich sind Pilze sehr genügsam, wachsen auf kleinem Raum, stoßen selbst kaum CO2 aus und gelten daher als äußerst ressourcenschonend. Im Gegensatz dazu stößt eine ausgewachsene Kuh 150 bis 250 Liter Methan pro Tag aus und für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch werden etwa 15.000 Liter Wasser benötigt. Im Falle von Kräuterseitlingen sind es nur 16 Liter Wasser für die gleiche Menge. Kurzum kann man sagen, dass Pilze echte Freunde der Umwelt sind. Denn neben dem geringen Verbrauch von Wasser sind sie auch im Recycling vorne dabei – egal ob auf Kaffeesud, Stroh, Holzspänen oder Essensresten – Pilze bauen ihre Wachstumsgrundlage ab und wandeln sie in eigene Biomasse um.
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