Leben & Gesellschaft
Die Suchmaschine weiß auf jede Frage eine Antwort – auch in Sachen Abfalltrennung. Aber wie glaubwürdig ist die Antwort? Medien-Expertin Ingrid Brodnig und Recycling-Expertin Bianca Moser-Bauernhofer über Müll-Mythen im Netz, „Fake News“ und was man dabei von Kindern lernen kann.
Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“ Man kennt diese „Belehrung“ nur allzu gut aus Film und Fernsehen – und viele Menschen gehen daher davon aus, dass man diesen Satz auch hierzulande von Polizisten nach einer Verhaftung hört, bestätigt Medien-Expertin Ingrid Brodnig, die unlängst das Buch „Lügen im Netz“ veröffentlicht hat. Allerdings: „Unser Rechtssystem ist ganz anders als das US-amerikanische, bei uns gibt es diese Belehrung in dieser Form nicht. Je globaler die Kommunikation wird, desto mehr werden solche Unterschiede aber relevant, weil sie zu falschen Meinungen führen.“
Mythen über die Abfalltrennung
Was für das Rechtssystem gilt, stimmt auch für die Abfalltrennung. Nicht nur weltweit gesehen, selbst innerhalb von Österreich gelten nicht überall die gleichen Regeln. In Wien werden nur die PET-Flaschen gesondert gesammelt, die restlichen Kunststoffverpackungsabfälle werden gemeinsam mit dem Restmüll thermisch verwertet. In der Steiermark wird hingegen der gesamte Kunststoffverpackungsabfall gesondert verwertet – größtenteils stofflich. Das funktioniert aber nur, wenn der Kunststoffverpackungsabfall NICHT im Restmüll landet sondern in der Gelben Tonne bzw. im Gelben Sack. Bianca Moser-Bauernhofer, Geschäftsführerin des Abfallwirtschaftsverbands Weiz: „Der Mythos, dass ohnehin der gesamte Abfall zusammengeschmissen wird, hält sich leider sehr hartnäckig. Und auch, dass Bunt- und Weißglas im Müllwagen vermischt werden, was ebenfalls nicht stimmt.“ (Weitere Mythen siehe www.rohstoffmagazin.at.)
Persönliche Gespräche
Allgemein gesehen sieht Moser-Bauernhofer eine gewisse „Gefahr“ darin, dass das Abfallsystem hierzulande so gut funktioniert. „Das veranlasst manche Menschen dazu, die Trennung nicht ganz so genau zu nehmen, weil es ja keine Probleme gibt. Ohne den Beitrag des Menschen funktioniert aber das beste System nicht.“ Die Recycling-Expertin und ihre Kollegen in den Bezirken setzen stark auf persönlichen Kontakt mit den Menschen: „Die Aufklärung über die Kindergärten und Schulen ist nach wie vor die wichtigste Schiene. Wir machen aber auch Siedlungsschulungen und kooperieren eng mit den Gemeinden, da diese für die Bewohner die erste Anlaufstelle bei Fragen zur Abfalltrennung sind. „Das persönliche Gespräch ist am wirksamsten.“ Als glaubwürdige Online-Quelle für die Steiermark empfiehlt Moser-Bauernhofer u.a. www.abfallwirtschaft.steiermark.at.
(K)eine Frage der Bildung
Generell sei gesagt: Bevor man Informationen auf Onlineportalen Glauben schenkt, empfiehlt sich ein „Quellen-Check“. Dass man zu Menschen, die man nicht kennt, anfangs ein geringeres Vertrauen hat als zu guten Freunden, fällt in die Kategorie gesunder Menschenverstand. Ähnlich sollte man im Internet agieren. Medien-Expertin Brodnig empfiehlt: „Wenn man eine Website nicht kennt, erst einmal das Impressum überprüfen.“ Das Impressum ist laut Gesetz Pflicht, dort muss der Name des Herausgebers zu finden sein. „Wenn das Impressum fehlt oder dort nur von Anonymus die Rede ist, ist das ein Alarmsignal.“ Das könnte auf „Fake News“ – also absichtlich verbreitete Falsch-meldungen – hindeuten. Ob man „Fake News“ glaubt oder nicht, ist laut Brodnig übrigens keine Frage des Bildungsniveaus. „Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass es mehr von der politischen Haltung abhängt. Republikaner glauben deutlich öfter, dass es den Klimawandel nicht gibt, als Demokraten.“
Ähnlich wie bei der Abfalltrennung
Es gibt aber eine Art von Bildung, die sehr wohl entscheidend ist: das analytische Denken. „Die Forschung legt nahe, dass Menschen, deren analytisches Denken ausgeprägt ist, Medieninformationen gegenüber kritischer sind.“ Es wäre lohnenswert, diese Kompetenz in den Schulen stärker zu trainieren – und auch bei der älteren Generation gibt es Potenzial. „Die Jugendlichen von heute sind sind kritischer und glauben nicht alles, was sie online lesen. Sie sind daran gewöhnt, weil sie sich auch gegenseitig über soziale Medien an der Nase herumführen. Bei älteren Generationen ist das anders.“ Schulungen in Sachen Medien- bzw. digitale Kompetenz wären hier sehr wichtig. Und vielleicht könnten auch hier, ähnlich wie bei der Mülltrennung, die Kinder ihren Eltern Denkanstöße geben. Es ist keineswegs so, dass der Großteil der (Online-)Medieninhalte „Fake“ ist, ganz im Gegenteil. In den meisten Fällen reicht gesunder Menschenverstand – oder eben ein Denkanstoß von außen –, um zwischen „Fake“, Fakt, Meinung und „zwar für ein anderes Umfeld gültig, aber nicht für meines“ zu unterscheiden.
Laufend aktuelle Infos rund um das Thema Fake News bzw. Lügen im Netz: Blog von Ingrid Brodnig