Mädchen rutscht auf Plastikrutsche

Wende in der „Plastic World“

Forschung & Innovation

Sehr robust bei geringem Gewicht – das sind Eigenschaften, die Epoxid-Kunststoffe zu gefragten Materialien machen. Ihr großer Nachteil: sie sind quasi nicht recyclingfähig. Mit biobasiertem vollständig recyclebarem Epoxidharz-Duroplast will Katalin Barta Weissert eine Wende einleiten.

Sie kommen in Flugzeugen, Booten oder Windkraftanlagen zum Einsatz, aber auch im Haushalt oder auf Spielplätzen – Duroplaste sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Neben ihrer Herstellung aus erdölbasierten Rohstoffen stellt vor allem die Entsorgung dieser bislang nicht recycelbaren Materialien eine enorme Umweltbelastung dar.

Sensationelle Forschungsergebnisse

An der Universität Graz ist es nun einem Forschungsteam rund um die Chemikerin Katalin Barta Weissert gelungen, einen vergleichbaren, jedoch vollständig recycle­baren, duroplastischen Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen zu entwickeln. Gleich zwei Fliegen auf einen Schlag – schlichtweg eine Sensation. „Ich war im Som­mer auf einigen großen Tagungen eingeladen, überall sind unsere Forschungsergeb­nisse auf große Begeisterung gestoßen. Die Eigenschaften des Kunststoffs wur­den in der Community mit Enthusiasmus aufgenommen“, freut sich Barta Weissert. Der neuartige Epoxidharz-Duroplast besteht im Wesentlichen aus Bestandteilen, die aus Zellulose und Lignin gewonnen werden können.

Vollständig recycelbarer Duroplast

In Labortests zeigt das Material ähnlich Eigenschaften wie derzeit im Einsatz befindli­che Epoxid-Kunststoffe. Es ist sehr stabil und hitzebeständig – einziger Unterschied: es kann in Methanol in seine ursprünglichen bio-basierten Bausteine gespalten wer­den, die wiedergewonnen werden können. „Das war eine großartige Überraschung für uns“, so Barta Weissert, „denn diese Art von Kunststoff ist auf hohe Stabilität aus­gelegt und sollte eigentlich gar nicht recyclingfähig sein. Dass durch Methanol das Material rezykliert werden kann ist eine Innovation. Weiters wurde im Labor gezeigt, dass sich ein rezyklierbares Glasfaserkomposit mit dem neuartigen Epoxidharz herstellen lässt, das sich vollständig wieder in seine Bestandteile zerlegen lässt, um diese wieder neu zu benutzen, ein enormer Fortschritt für die Kreislaufwirtschaft.“

Stabil und haltbar

Die meisten Lösungsmittel machen dem Material aber gar nichts aus. Verglichen mit vorhandenen Materialien verhält es sich wie konventioneller Duroplast. Die physikalisch-thermischen Eigenschaften sind sehr gut und es steht den Produkten auf Erdölbasis in Stabilität und Haltbarkeit um nichts nach. Die Spaltbarkeit in Methanol stellt für die meisten Anwendungen kein Problem dar. Es muss aber natür­lich erforscht werden, wo die Grenzen sind und welche Industriepartner das Material in Zukunft verwenden können.

Einfach zu recyceln

Der Recyclingvorgang funktioniert bei Niedrigtemperaturen unter 100 Grad Celsius. „Unser Kunststoff löst sich einfach auf“, hält Barta Weissert fest. „Man bekommt jetzt schon eine sehr reine Trennung des Komposits in Glasfaser und die bio-basierten Bausteine.“ Dass man wirklich jeden Baustein wieder verwenden kann, daran werde sicherlich noch die nächsten fünf Jahre geforscht, so die Wissenschaftlerin. Aber die Glasfaser kann schon jetzt ganz rein zurückgewonnen und wiederverwendet werden.

Suche nach Industriepartnern

Und es wird natürlich auf Hochdruck weitergeforscht, um das neue Material, das aus-schließlich aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird, ersten Praxistests zu unterziehen. „Im Moment geht es darum, wissenschaftlich zu verstehen, warum der Kunststoff in Methanol gespalten werden kann. Wir müssen die Reaktionen in höherem Maßstab skalieren und weitere Tests machen.“ Gleichzeitig sucht man Partner aus der Industrie, um wirkungsvolle Anwendungen für die Praxis zu entwickeln, denn das oberste Ziel aller Forschungsbemühungen von Katalin Barta Weissert ist die Verwen­dung erneuerbarer Rohstoffe und die Wiederverwertbarkeit der Materialien.

Mädchen rutscht auf Plastikrutsche

An recyclebarem Kunststoff wird noch geforscht. (Foto: iStock/skynesher)

Bild von Gründer-Team: Lorenz Lindenthal, Thomas Cotter und Christoph Rameshan.

Katalin Barta Weissert (vorne Mitte) mit ihrem Team. © Bartagroup

Teile diesen Beitrag