Forschung & Innovation
Ein Spin-off des Instituts für Chemie der Universität Graz revolutioniert das Recycling von Lithium-Ionen Batterien. Durch ein neues Verfahren können wertvolle Rohstoffe dezentral, kostengünstiger und gefahrlos zurückgewonnen werden. Ein Prototyp steht bereits auf dem Unigelände.
Um dem Klimawandel Herr zu werden, spielt der Individualverkehr eine entscheidende Rolle. Beim Umstieg auf Elektromobilität benötigt man allerdings eine große Menge an Rohstoffen. Der Abbau dieser Rohstoffe verursacht wiederum einen hohen CO2- Ausstoß. Recycling ausgedienter Lithium-Ionen-Akkus ist daher ein Gebot der Stunde und wird auch von der Europäischen Union vorgeschrieben. Dadurch lässt sich der CO2-Rucksack, der bei der Produktion von Elektroautos entsteht, deutlich verkleinern.
Teuer und gefährlich
Jährlich werden mehr als 50 Kilotonnen Altbatterien recycelt. Diese Menge wird in den nächsten Jahren enorm zunehmen. Das Frauenhofer Institut hat berechnet, dass bereits im Jahr 2030 rund 420 Kilotonnen und im Jahr 2040 sogar 2100 Kilotonnen recycelt werden müssen. Kam im Jahr 2020 der Großteil der Batterien noch aus dem Consumerbereich, etwa aus Mobiltelefonen oder Laptops, verändert sich das in den folgenden Jahren entscheidend, denn ab 2035 werden „End of Life-Batterien“ aus dem Automobilbereich den größten Anteil stellen. Schreitet die Umstellung auf Elektromobilität weiter fort, ist es unumgänglich bessere Recyclingmethoden zu entwickeln.
Schon jetzt sind rund 90 % der Lithium-Ionen-Akkus recycelbar. Der Haken daran: Das Verfahren ist sehr aufwendig, teuer und auch gefährlich. Es müssen eine Reihe von Verfahren kombiniert werden. Daher gibt es auch relativ wenige Anlagen dafür. „Sie müssen in isolierten, korrosions- und brandbeständigen Boxen transportiert werden, müssen versichert sein und es muss eine entsprechende Lagerkapazität geschaffen werden“, erklärt Tobias Kopp von ProtectLIB, einem Spin-off des Instituts für Chemie der Uni Graz.
Neues Verfahren
Kopp und seine Mitstreiter Chris Pichler und Jürgen Abraham haben nun ein völlig neues Verfahren entwickelt, das auch bereits patentiert ist. Bisher mussten Batterien vor dem Recycling entladen werden, um dann unter großer Hitze die einzelnen Rohstoffe voneinander trennen zu können. Durch die Innovation von ProtectLIB erspart man sich dieses nicht nur teure, sondern auch gefährliche Verfahren. So funktioniert es: Die Batterien werden zunächst schockgefrostet und dann geschreddert. Die Rohstoffe werden anschließend mechanisch und chemisch voneinander getrennt. Und das alles ohne energieintensive Hitze. Das Verfahren könne auch bei beschädigten Batterien durchgeführt werden.
Dezentrales Recycling
Das von ProtectLIB entwickelte Verfahren ist nicht nur kostengünstiger, sondern auch weniger energieintensiv. Bisher gibt es nur wenige Anlagen, die ein Recycling von Lithium-Ionen-Batterien bewerkstelligen können. „Mit diesem Verfahren kann das Recycling bei jeder Sammelstelle durchgeführt werden“, ist Kopp überzeugt. Die Anlage sei nämlich nicht größer als ein gewöhnlicher Container.
Prototyp
PrtotectLIB hat am Gelände der Universität Graz bereits einen Prototypen gebaut, der nächstes Jahr den Betrieb aufnehmen wird. Die theoretische Recyclingquote liegt bei 95 %. Man könne aber erst im praktischen Betrieb die tatsächliche Quote feststellen. Ein erster Kunde, der die Anlage im Echtbetrieb testen soll, wurde auch bereits gefunden. „Dort werden Batterie-Prototypen für den Verkehr entwickelt. Diese will das Unternehmen mit der Technologie von ProtectLiB direkt vor Ort recyceln“, erklärt Kopp.
Jürgen Abraham, Tobias Kopp und Chris Pichler (v.li.) revolutionieren mit einem neuen Verfahren das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. © Reithofer Media