Forscherteam rund um Thomas Schmickl mit den Roboter-Fischen in Venedig

Mission Umweltschutz – Wie Roboter-Fische ihre „echten“ Kollegen retten

Wissenschaft & Forschung

Grazer Forscher auf „Mission Umweltschutz“: 135 intelligente Roboter schwimmen in der Lagune von Venedig, um das Fischsterben zu reduzieren. Der Algorithmus für die „aFish“ stammt von Insekten. Lernen aus der Natur, für die Natur – ein intelligenter Kreislauf, der viel Potenzial hat.

Die alten Griechen, Leonardo da Vinci und auch die Flugpioniere – sie alle nahmen sich die Natur zum Vorbild. „Man hat sich angeschaut, wie Vögel fliegen und dahingehend Flugzeugflügel gestaltet“, beschreibt der Grazer Forscher Thomas Schmickl die sogenannte Bionik. Am Artificial Life Lab der Uni Graz ist das Beobachten von Tieren und Pflanzen für ihn „daily business“. „Wir beobachten weniger einzelne Tiere sondern ganze Schwärme. Es ist beeindruckend, wie Insekten Muster entwickeln, um gemeinsam ihr Ziel zu erreichen.“ Im Fachjargon spricht man von „Schwarmintelligenz“ und mit dieser kann man auch Maschinen „intelligenter“ machen. „Die Beobachtungen aus dem Tierreich sind Basis für Algorithmen, über die Roboter gesteuert werden.“

Intelligente Roboter in Venedig

Solche Roboter setzen Schmickl und sein Team derzeit in Venedig ein. Bei dem mit 4 Millionen Euro dotierten EU-Forschungsprojekt subCULTron, das im Rahmen des EU-Programms FiT gefördert wird, analysiert man in der Lagunenstadt das Wasser mit einem Schwarm aus 135 einzelnen Robotern („aPads“, „aMussels“ und „aFish“). Eines ist Schmickl dabei ganz wichtig: „Wir werfen nicht einfach Sensoren ins Wasser, sondern es handelt sich um einen intelligenten und reaktiven Schwarm, der auf Umweltbedingungen reagiert.“ Es gibt 3 unterschiedliche Robotertypen, jeder hat im System seine Aufgaben zu erfüllen. Es werden Daten wie Sauerstoff- und Salzgehalt gesammelt, die Roboter schwimmen selbstständig zu Aufladestationen an den „aPads“. Einzelne Roboter sparen sich diesen Weg, sie „ernähren“ sich durch eine eingebaute mikrobielle Brennstoffzelle von organischem Material auf dem Boden. „Es wird hier gewissermaßen der Dreck auf dem Boden in Energie umgewandelt. Diese Technologie steckt allerdings noch in den Kinderschuhen“, weiß Schmickl. „Viel mehr als kleine Taschencomputer kann man damit noch nicht mit Energie ver­sorgen. Aber für unsere aMussels reicht es schon und in diesem Bereich wird sich wohl in den nächsten Jahren noch viel tun.“

Frühzeitig reagieren

Warum hat man sich gerade Venedig als Ort für das Projekt ausgesucht? Unter anderem weil sich die Wasserqualität dort durch das Umweltphänomen Anoxia immer wieder stark verschlechtert – und Fische sterben. Das Problem ist laut Schmickl, „dass man das meist erst merkt, wenn die Fische schon tot sind. Unsere Daten helfen den Meeresbiologen dabei, das Phänomen besser zu verstehen und in Zukunft frühzeitig zu reagieren“.

Forscherteam rund um Thomas Schmickl mit den Roboter-Fischen in Venedig

Das Forscherteam rund um Thomas Schmickl (1. Reihe, 4. v. r.) analysiert mit Schwarmintelligenz die Wasserqualität in Venedig.
(Credit: EU FET Project subCULTron)

Mit Robotern Plastik aus dem Meer fischen?

Künftige Anwendungsszenarien sieht Schmickl auch in anderen Gewässern, „es braucht dabei aber jeweils spezielle Roboter, weil diese an die jeweiligen Strömungen angepasst sein müssen“. Prinzipiell sei es auch möglich, mit solchen Roboterschwärmen Plastik aus den Meeren zu fischen. „Wir haben momentan aber eher das Problem, dass unsere Roboter von den vielen herumschwimmenden Plastikteilen gestört werden. Genauso wie für Tiere, kann auch für die Roboter das Plastik ‚tödlich‘ sein.“ Womit man letzten Endes wieder beim Beitrag des Menschen wäre: Die Möglichkeiten der Technik und die „Genialität“ der Natur sind gigantisch. Um im großen Stil etwas gegen die Umweltverschmutzung zu tun, braucht es aber auch die Unterstützung des Menschen – in diesem Fall in Form von richtiger Plastik-Entsorgung.

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